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„Übrigens möchte ich doch riskieren, ein Esel zu heißen, wenn unsere Liebeslieder nicht einigen Leuten Freude machen.“

Johannes Brahms

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Konzertablauf
Einführung
Mitwirkende


Konzertablauf

in fis-moll
Arrangiert von Johannes Brahms

Interpretiert von Ayako Imoto und Matthias Alteheld

1. Bei nächtlicher Weil an ein's Waldes Born
Tät ein Jäger gar trauriglich stehen;
An der Hüfte hängt stumm sein güldenes Horn,
Wild im Winde die Haare ihm wehen.

2. „Die du dich im Traume gezeiget mir,
Traute Nixe, schaff' Ruh' meiner Seelen;
Du meines Lebens alleinige Zier,
Was willst du mich ewiglich quälen?"

3. So klagt er, und rauschend tönt's hervor,
Aus des Quelles tief untersten Gründen,
Wie ein Menschenlaut, zu des Jägers Ohr:
"Komm' herein, so tust Ruhe du finden."

4. Da stürzet der Jäger sich stracks hinein,
In die Tiefe, bald ist er verschwunden,
Dort unten empfaht ihn das Liebchen fein,
Seine Ruh' hat er endlich gefunden.


Text und Musik: Otmar Schönhuth und Johann G. F. Haußmann

Arrangiert von Johannes Brahms

1. Waldesnacht du wunderkühle,
die ich tausend Male grüß’.
Nach dem lauten Weltgewühle,
o, wie ist dein Rauschen süß!

Träumerisch die müden Glieder
berg’ ich weich in’s Moos,
und mir ist, als würd ich wieder
all der irren Qualen los.

2. Fernes Flötenlied, vertöne,
das ein weites Sehnen rührt,
die Gedanken in die schöne,
ach, mißgönnte Ferne führt.

Laß die Waldesnacht mich wiegen,
stillen jede Pein,
und ein seliges Genügen saug
ich mit den Düften ein.

3. In den heimlich engen Kreisen
wird dir wohl, du wildes Herz,
und ein Friede schwebt mit leisen
Flügelschlägen niederwärts.

Singet, holde Vögellieder,
mich in Schlummer sacht!
Irre Qualen, löst euch wieder,
wildes Herz, nun gute Nacht!


Text: Paul Heyse
Musik: Johannes Brahms

1. Ich fahr dahin, wenn es muß sein,
Ich scheid mich von der Liebsten mein,
Zuletzt laß ich ihr 's Herze mein,
Dieweil ich leb, so soll es sein.
Ich fahr dahin, ich fahr dahin!

2. Das sag ich ihr und niemand mehr:
Mein'm Herzen g'schah noch nie so weh.
Sie liebet mich je länger je mehr;
Durch Meiden muß ich leiden Pein.
Ich fahr dahin, ich fahr dahin!

3. Ich bitt dich, liebste Fraue mein,
Wann ich dich mein und anders kein,
Wann ich dir gib mein Lieb allein,
Gedenk, daß ich dein eigen bin.
Ich fahr dahin, ich fahr dahin!

4. Nun halt dein Treu als stet als ich!
So wie du willt, so findst du mich.
Halt dich in Hut, das bitt ich dich!
Gesegn dich Gott! Ich fahr dahin!
Ich fahr dahin, ich fahr dahin!


Text und Musik: Johannes Brahms

1. Auf dem Hügel sitz ich, spähend in das blaue Nebelland,
Nach den fernen Triften sehend, wo ich dich, Geliebte, fand.

Weit bin ich von dir geschieden, trennend liegen Berg und Tal
Zwischen uns und unserm Frieden, unserm Glück und unsrer Qual.

Ach, den Blick kannst du nicht sehen, der zu dir so glühend eilt,
Und die Seufzer, sie verwehen in dem Raume, der uns teilt.

Will denn nichts mehr zu dir dringen, nichts der Liebe Bote sein?
Singen will ich, Lieder singen, die dir klagen meine Pein!

Denn vor Liebesklang entweichet jeder Raum und jede Zeit,
Und ein liebend Herz erreichet was ein liebend Herz geweiht!


2. Wo die Bergen so blau
aus dem nebligen Grau
schauen herein,
wo die Sonne verglüht,
wo die Wolke umzieht,
möchte ich sein!

Dort im ruhigen Tal
schweigen Schmerzen und Qual.
Wo im Gestein still die Primel dort sinnt,
weht so leise der Wind,
möchte ich sein!

Hin zum sinnigen Wald
drängt mich Liebesgewalt,
innere Pein, innere Pein.
Ach, mich zög's nicht von hier,
könnt ich, Traute, bei dir
ewiglich sein!


3. Leichte Segler in den Höhen,
und du Bächlein klein und schmal,
könnt mein Liebchen ihr erspähen
grüßt sie mir vieltausendmal.

Seht ihr Wolken sie dann gehen
sinnend in dem stillen Tal,
laßt mein Bild vor ihr entstehen
in dem luftgen Himmelssaal.

Wird sie an den Büschen stehen,
die nun herbstlich falb und kahl,
klagt ihr, wie mir ist geschehen,
klagt ihr, Vöglein, meine Qual!

Stille Weste, bringt im Wehen
hin zu meiner Herzenswahl
meine Seufzer, die vergehen
wie der Sonne letzter Strahl.

Flüstr' ihr zu mein Liebesflehen,
laß sie, Bächlein klein und schmal,
treu in deinen Wogen sehen
meine Tränen ohne Zahl!


4. Diese Wolken in den Höhen,
dieser Vöglein muntrer Zug
werden dich, o Huldin, sehen.
Nehmt mich mit im leichten Flug!

Diese Weste werden spielen,
scherzend dir um Wang und Brust,
in den seidnen Locken wühlen.
Teilt' ich mit euch diese Lust!

Hin zu dir von jenen Hügeln
emsig dieses Bächlein eilt.
Wird ihr Bild sich in dir spiegeln,
fließ zurück dann unverweilt!


5. Es kehret der Maien, es blühet die Au.
Die Lüfte, sie wehen so milde, so lau,
geschwätzig die Bäche nun rinnen.

Die Schwalbe, sie kehret zum wirtlichen Dach,
sie baut sich so emsig ihr bräutlich Gemach,
die Liebe soll wohnen da drinnen.

Sie bringt sich geschäftig von Kreuz und von Quer
manch weicheres Stück zu dem Brautbett hierher,
manch wärmendes Stück für die Kleinen.

Nun wohnen die Gatten beisammen so treu,
was Winter geschieden, verband nun der Mai,
was liebet, das weiß er zu einen.

Es kehret der Maien, es blühet die Au.
Die Lüfte, sie wehen so milde, so lau.
Nur ich kann nicht ziehen von hinnen.

Wenn alles, was liebet, der Frühling vereint,
nur unserer Liebe kein Frühling erscheint
und Tränen sind all ihr Gewinnen,
ja all ihr Gewinnen.


6. Nimm sie hin denn, diese Lieder,
die ich dir, Geliebte, sang,
singe sie dann Abends wieder
zu der Laute süßem Klang!

Wenn das Dämmrungsrot dann ziehet
nach dem stillen blauen See,
und sein letzter Strahl verglühet
hinter jener Bergeshöh,

und du singst, was ich gesunggen,
was mir aus der vollen Brust
ohne Kunstgepräng erklungen,
nur der Sehnsucht sich bewußt:

dann vor diesen Liedern weichet,
was geschieden uns so weit,
und ein liebend Herz erreichet,
was ein liebend Herz geweiht!


Text: Alois I. Jeitteles

Musik: Ludwig van Beethoven

1. O Täler weit, o Höhen, o schöner grüner Wald,
du meiner Lust und Wehen andächtger Aufenthalt!
Da draußen, stets betrogen, saust die geschäftge Welt,
schlag noch einmal die Bogen um mich, du grünes Zelt.

2. Da steht im Wald geschrieben ein stilles ernstes Wort
vom rechten Tun und Lieben und was des Menschen Hort.
Ich habe treu gelesen die Worte schlicht und wahr,
und durch mein ganzes Wesen ward's unaussprechlich klar.

3. Bald werd'ich dich verlassen, fremd in der Fremde gehn,
auf bunt bewegten Gassen des Lebens Schauspiel seh'n.
Und mitten in dem Leben wird deines Ernst's Gewalt,
mich Einsamen erheben, so wird mein Herz nicht alt.


Text: Joseph von Eichendorff
Musik: Felix Mendelssohn

In stiller Nacht, zur ersten Wacht,
ein’ Stimm’ begunnt zu klagen,
der nächtge Wind hat süß und lind
zu mir den Klang getragen;
von herbem Leid und Traurigkeit
ist mir das Herz zerflossen,
die Blümelein, mit Tränen rein
hab’ ich sie all’ begossen.

Der schöne Mond will untergahn,
für Leid nicht mehr mag scheinen,
die Sternelan ihr Glitzen stahn,
mit mir sie wollen weinen.
Kein Vogelsang, noch Freudenklang
man höret in den Lüften,
die wilden Tier’ traur’n auch mit mir
in Steinen und in Klüften.


Text und Musik: Johannes Brahms

Dein Herzlein mild, du liebes Bild,
das ist noch nicht erglommen,
und drinnen ruht verträumte Glut,
wird bald zu Tage kommen.

Es hat die Nacht ein’n Tau gebracht
den Knospen all’ im Walde,
und Morgens drauf da blüht’s zuhauf
und duftet durch die Halde.

Die Liebe sacht hat über Nacht
dir Tau in’s Herz gegossen,
und Morgens dann, man sieht dir’s an,
das Knösplein ist erschlossen.


Text: Paul Heyse
Musik: Johannes Brahms

1. Rede, Mädchen, allzu liebes, das mir in die Brust, die kühle,
hat geschleudert mit dem Blicke, diese wilden Glutgefühle!
Willst du nicht dein Herz erweichen, willst du, eine Überfromme,
rasten ohne traute Wonne, oder willst du, dass ich komme?

Rasten ohne traute Wonne? Nicht so bitter will ich büßen,
komme nur, du schwarzes Auge, komme, wenn die Sterne grüßen!


2. Am Gesteine rauscht die Flut,
heftig angetrieben:
Wer da nicht zu seufzen weiß,
lernt es unterm Lieben.


3. O die Frauen, o die Frauen,
Wie sie Wonne, Wonne tauen!
Wären lang ein Mönch geworden,
Wären nicht die Frauen!


4. Wie des Abends schöne Röte
möcht ich arme Dirne glühn
einem, einem zu gefallen,
sonder Ende Wonne sprühn!


5. Die grüne Hopfenranke, sie schlängelt auf der Erde hin.
Die junge, schöne Dirne, so traurig ist ihr Sinn!
Du höre, grüne Ranke! Was hebst du dich nicht himmelwärts?
Du höre, schöne Dirne! Was ist so schwer dein Herz?
Wie höbe sich die Ranke, der keine Stütze Kraft verleiht?
Wie wäre die Dirne fröhlich, wenn ihr der Liebste weit?


6. Ein kleiner hübscher Vogel nahm den Flug
zum Garten hin, da gab es Obst genug.
Wenn ich ein hübscher, kleiner Vogel wär,
ich säumte nicht, ich täte so wie der.
Leimruten-Arglist, lauert an dem Ort,
der arme Vogel konnte nicht mehr fort!
Wenn ich ein hübscher, kleiner Vogel wär
ich säumte doch, ich täte nicht wie der.
Der Vogel kam in eine schöne Hand,
da tat es ihm, dem Glücklichen nicht and (nicht weh).
Wenn ich ein hübscher, kleiner Vogel wär,
ich säumte nicht, ich täte doch wie der!


7. Wohl schön bewandt war es vor ehe
mit meinem Leben, Mit meiner Liebe;
Durch eine Wand, ja durch zehn Wände
erkannte mich des Freundes Sehe;
Doch jetzo, wehe! Wenn ich dem Kalten
auch noch so dicht vor’m Auge stehe,
es merkt’s sein Auge - sein Herze nicht.


8. Wenn so lind dein Auge mir, und so lieblich schauet,
jede letzte Trübe flieht, welche mich umgrauet.
Dieser Liebe schöne Glut, lass sie nicht verstieben!
Nimmer wird wie ich, so treu dich ein Andrer lieben!


9. Am Donaustrande, da steht ein Haus
da schaut ein rosiges Mädchen aus.
Das Mädchen, es ist wohl gut gehegt,
zehn eiserne Riegel sind vor die Türe gelegt.
Zehn eiserne Riegel das ist ein Spaß,
die spreng ich als wären sie nur von Glas.
Am Donaustrande, da steht ein Haus,
da schaut ein rosiges Mädchen aus.


Text: Georg Friedrich Daumer
Musik: Johannes Brahms

in g-moll
Arrangiert von Johannes Brahms

Interpretiert von Ayako Imoto und Matthias Alteheld

10. O wie sanft die Quelle sich durch die Wiese windet,
O wie schön, wenn Liebe sich zu der Liebe findet!


11. Nein, es ist nicht auszukommen mit den Leuten;
alles wissen sie so giftig auszudeuten!
Bin ich heiter, hegen soll ich lose Triebe,
bin ich still, so heißts, ich wäre irr aus Liebe.
Nein, es ist nicht auszukommen mit den Leuten;
alles wissen sie so giftig auszudeuten!


12. Schlosser, auf und mache Schlösser ohne Zahl,
denn die bösen Mäuler will ich schließen allzumal!


13. Vögelein durchrauscht die Luft,
sucht nach einem Aste.
Und das Herz, ein Herz begehrts,
wo es selig raste.


14. Sieh', wie ist die Welle klar,
blickt der Mond hernieder!
Die du meine Liebe bist,
liebe du mich wieder!


15. Nachtigall, sie singt so schön
wenn die Sterne funkeln.
Liebe mich, geliebtes Herz
küsse mich im Dunkeln.


16. Ein dunkeler Schacht ist Liebe,
ein gar zu gefährlicher Bronnen;
da fiel ich hinein, ich Armer,
kann weder hören noch seh'n,
nur denken an meine Wonnen,
nur stöhnen in meinen Wehn!


Text: Georg Friedrich Daumer
Musik: Johannes Brahms

in Des-Dur
Arrangiert von Johannes Brahms

Interpretiert von Ayako Imoto und Matthias Alteheld

17. Nicht wandle, mein Licht, dort außen im Flurbereich!
Die Füße würden dir, die zarten, zu naß, zu weich.
All überströmt sind dort die Wege, die Stege dir;
So überreichlich tränte dorten das Auge mir.


18. Es bebet das Gesträuche,
gestreift hat es im Fluge ein Vögelein.
In gleicher Art erbebet die Seele mir,
erschüttert von Liebe, Lust und Leide,
gedenkt sie dein.


Text: Georg Friedrich Daumer
Musik: Johannes Brahms

Liebes-Lieder

von Karoline Höß

Wie das Gedicht in der Sprache, so ist das (Kunst-)Lied in der Musik eine sehr kondensierte, verdichtete Form. Populär wurde das Kunstlied in der Romantik, zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Franz Schubert und Johannes Brahms wirkten zu dieser Zeit, ebenso Clara Schumann und Fanny Hensel (geb. Mendelssohn). Der erste deutsche Liederzyklus überhaupt wurde im April 1816 von Ludwig van Beethoven veröffentlicht.

Beethoven lebte zu diesem Zeitpunkt seit fünfundzwanzig Jahren in Wien und hatte sich erfolgreich als Komponist etabliert. Ob ihm die Gattung „Romantisches Lied“ gefiel oder nicht, ist unbekannt – „An die ferne Geliebte“ blieb jedenfalls sein einziges Werk dieser Art. Die Texte stammen von dem Wiener Medizinstudenten Alois Jeitteles.

Titelblatt der Erstausgabe von „An die ferne Geliebte“ (1816), Bonn, Beethoven-Haus (gemeinfrei)

Es wird vermutet, dass es sich bei „An die ferne Geliebte“ um eine Auftragsarbeit für den Beethoven-Gönner Fürst Joseph von Lobkowitz handelt. Falls das zutrifft, wäre es eine Art weltliches Requiem für dessen kurz zuvor verstorbene Gattin, Fürstin Maria Karoline von Schwarzenberg (1776-1816). Fürst von Lobkowitz, der auch selbst als Sänger auftrat, überlebte seine innig geliebte Frau um nur ein Jahr.
Der Zyklus ist eine raffinierte Mischung aus schlichtem Tonfall und schnell wechselnden Gefühlsregungen. Die scheinbar spontanen Wiederholungen und Tempiwechsel lassen den Vortrag frei erscheinen, sind aber im Notentext genau festgelegt. Die variantenreiche Klavierbegleitung verbindet die sechs Lieder nahtlos zu einem Ganzen. Der erste Vers des letzten Liedes, „Nimm sie hin denn, diese Lieder, die ich dir, Geliebte, sang“, wurde weltberühmt und sowohl Robert Schumann als auch Felix Mendelssohn Bartholdy haben Beethovens Melodie später in ihren eigenen Werken zitiert.

Einer, der für die gerade beginnende Romantik einmal so bedeutend werden würde wie Beethoven es für die Wiener Klassik war, kam 1833 in Hamburg zur Welt: Johannes Brahms.
Brahms erhielt früh Musikunterricht und veröffentlichte erste Kompositionen ab ca. 1849unter Pseudonym. Mit zwanzig Jahren lernte er das Ehepaar Schumann kennen, das den jungen Komponisten förderte und zum Beispiel bei Musikverlagen Empfehlungen aussprach. Mit der vierzehn Jahre älteren Clara Schumann verband Brahms eine innige Freundschaft.

Johannes Brahms 1853 im Alter von 20 Jahren (gemeinfrei)

1858, mit 25 Jahren, begann Brahms zehn Ungarische Tänze für Klavier zu arrangieren, die er 1869 veröffentlichte. Die meisten Melodien waren – entgegen einer verbreiteten Annahme – weder überlieferte Volksweisen noch von Brahms selbst komponiert. Er dürfte sie von seinem Freund, dem Geiger und Komponisten Eduard Reményi übernommen haben, der sie auch nur teilweise selbst geschrieben hatte. Die weltberühmte Melodie des fünften Tanzes beispielsweise stammt aus der Feder eines anderen ungarischen Komponisten der Epoche, Béla Kéler. Brahms hatte seiner Variante der Ungarischen Tänzen deshalb keine Opus-Nummer zugeordnet, was bei einem eigenen Werk üblich gewesen wäre. Seine Arrangements wurden aber so populär, dass Béla Kéler bei Aufführungen seiner Komposition in Hamburg gefragt wurde, warum sein Name und nicht der von Johannes Brahms auf dem Programm stünde. 1879, zehn Jahre nach Erscheinen der Ungarischen Tänze von Brahms, versuchte Kéler diesen Irrtum in verschiedenen Hamburger Zeitungen richtigzustellen, diese Meldung wurde dann auch in einem Wiener Kulturblatt aufgegriffen:

Von verschiedenen Seiten wurde mit Befremden bemerkt, so oft ich in den Koncerten im Elb-Pavillon meinen Ungarischen Tanz Bártfai emlék (Erinnerung an Bartfeld) spielen ließ, wie ich
dazu käme, meinen Namen darunter auf das Programm zu setzen, da man allgemein glaubt, daß J. Brahms der Komponist des erwähnten Tanzes sei. Um diesem Irrthum, der in der musikalischen Welt vorherrschend ist, zu begegnen und um meine Autorrechte zu wahren, bin ich genöthigt, hiermit zu erklären, daß ich diesen Ungarischen Tanz im Jahre 1858 komponirt und
denselben zum ersten Mal seiner Zeit in der Sommer-Arena zu Tebreczin aufgeführt habe. […]

Béla Kéler, zitiert in der Wiener Zeitung „Epoche“ Nr. 243, 1879

Auch Eduard Reményi hatte Plagiatsvorwürfe gegen Brahms erhoben, Die Überzeugung, die Tänze seien volkstümlichen Ursprungs oder stammten von Brahms, hat sich dennoch bis in die heutige Zeit erhalten.

In seiner Laufbahn als Komponist hat Brahms unzählige Volkslieder arrangiert, Gedichte vertont und Kunstlieder geschrieben. zu „Dein Herzlein mild“ und „Waldesnacht“ wurden von Brahms nach Texten von Paul Heyse komponiert und in der Sammlung „Sieben Lieder für gemischten Chor“ op. 62 veröffentlicht. 1864 stellte Brahms die Sammlung „Deutsche Volksliederfür vierstimmigen Chor“ (ohne Opusnummer) zusammen, aus der die Stücke „Bei nächtlicher Weil’“, „Abschiedslied“, und „In stiller Nacht“ entnommen sind. Zum ersten Stück gibt es interessanterweise keinen Hinweis auf eine mündliche Überlieferung, vielmehr hatten zwei Studenten das Lied gedichtet und ihrem Professor als ‚Volkslied aus ihrer Heimat‘ vorgelegt – der es 1827 in einer Volksliedersammlung publizierte. Bis 1910 wurde „Bei nächtlicher Weil“ in zahlreiche ähnliche Liederbücher übernommen, die tatsächlichen Autoren wurden erst ab 1851 in manchen Sammlungen genannt. Das Thema des Liedes, die schicksalhafte Begegnung eines Menschen mit einem Wassergeist, war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Literatur und Musik extrem populär, was auch erklären kann, warum „Bei nächtlicher Weil’“ ohne weiteres in den Kanon der Volkslieder übernommen wurde.

Zusammen mit den Walzern op. 39 und den Ungarischen Tänzen waren es die Liebesliederwalzer op. 52, die Brahms berühmt machten. Sie wurden 1868 komponiert und im darauffolgenden Jahr veröffentlicht, was bei einem Zeitgenossen für Verwunderung sorgte:

Der ernste, schweigsame Brahms, der echte Jünger Schumanns, norddeutsch, protestantisch und unweltlich wie dieser, schreibt Walzer?
Ein Wort löst uns das Rätsel, es heißt: Wien. Die Kaiserstadt hat Beethoven zwar nicht zum Tanzen, aber doch zum Tänzeschreiben gebracht, Schumann zu einem Faschingsschwank verleitet, sie hätte vielleicht Bach selbst in eine läßliche Sünde verstrickt. Auch die Walzer von Brahms sind die Frucht seines Wiener Aufenthaltes und wahrlich von Süßester Art.

Eduard Hanslick


Die Texte, die den Walzern zugrundeliegen, stammen aus einer Sammlung vor allem osteuropäischer Volkslieder von Georg Friedrich Daumer. Achtzehn ganz verschiedene Minaturen bilden den Zyklus der Liebesliederwalzer: Ein bis zwei Minuten lange „Gefühlsporträts“ von Freude, Sehnsucht, Zorn und Liebeskummer.

Heutige Hörer:innen wird die häufig stereotype Darstellung männlicher und weiblicher Perspektiven irritieren. Dass die Männerstimmen im dritten Stück „die Frauen“ – also alle Frauen – besingen, wegen derer ein Dasein als Mönch unmöglich ist, während direkt danach die Frauenstimmen beteuern, nur „einem, einem“ Mann gefallen zu wollen, ist nur mit viel Humor und im Kontext der Entstehungszeit zu ertragen. Andere Lieder lassen mehr Interpretationsspielraum: Ob das Mädchen in Walzer Nummer neun die „zehn eiserne[n] Riegel“ nicht vielleicht selbst „vor die Türe gelegt“ hat, um allzu aufdringliche Besucher fernzuhalten, kann offen bleiben.
Das Wort „Dirne“, das in einigen Liedern vorkommt, ist übrigens mit „junge Frau“ zu übersetzen und hat in diesem Kontext nichts mit Prostitution zu tun.

Bei der Uraufführung der Liebesliederwalzer im Jahr 1870 spielte Brahms zusammen mit seiner engen Freundin Clara Schumann vierhändig Klavier:

Es war überfüllt, auf dem Orchesterpodium so, dass ich nie wusste, wie ich an’s Klavier kommen sollte. Ich spielte sehr glücklich, das Publicum war in wahrem Enthusiasmus.
Die Liebeslieder – Johannes spielte sie mit mir vierhändig- gingen reizend und gefielen sehr.

Clara Schumann in ihrem Tagebuch
Johannes Brahms 1866 im Alter von 33 Jahren (gemeinfrei)


Mitwirkende

Ayako Imoto – Klavier

Die Pianistin Ayako Imoto

Ayako Imoto wurde 1994 in Kyoto, Japan, geboren. Sie schloss ihr Bachelorstudium im Fach Klavier am Doshisha Woman’s College of Liberal Arts in Kyoto ab. Ihre Liebe zum Lied führte sie ans International College of Music in Hamburg, wo sie sich unter der Anleitung von Matthias Veit auf das deutsche Liedgut konzentrierte.
Anschließend absolvierte sie ein Masterstudium in Liedgestaltung bei Prof. Matthias Alteheld an der Musikhochschule Freiburg, das sie nun im Konzertexamen fortsetzt. Wertvolle Impulse erhielt sie zudem
von Helmut Deutsch, Prof. Markus Eiche, Prof. Nicholas Rimmer, Prof. Pauliina Tukiainen und Prof. Hartmut Höll.
Neben Meisterkursen vertieft Ayako Imoto ihre Expertise über die menschliche Stimme durch ihr Korrepetitions-Tutorat, das ihr Zugang zu allen Gesangsklassen der Hochschule sowie zu szenischem und Sprechunterricht ermöglicht.
Mit ihrem Gespür für farbige Atmosphären engagierte sie sich im Rahmen des „Klingenden Musikerviertels“ in Freiburg, beim Online-Projekt „Dupré Digital“, beim „Liedfestival Kassel“ und beim „HIDALGO Festival in München“ für das Klavierlied. Bei letzterem gewann sie im Duo mit der Sopranistin Ramona Laxy den ersten
Preis beim „Art Song Battle“.
Ayako Imoto ist Stipendiatin der Dr. Leo-Ricker-Stiftung.

Matthias Alteheld – Klavier

Der Pianist Matthias Alteheld

Der Pianist Matthias Alteheld studierte zunächst Klavier an der Hochschule für Musik in Detmold, um sich dann auf das Fach Liedgestaltung zu spezialisieren und seine Studien in der renommierten Liedklasse von Prof. Hartmut Höll und Prof. Mitsuko Shirai an der Musikhochschule Karlsruhe fortzusetzen. Meisterklassen bei Dietrich Fischer-Dieskau, Renate Kretschmar-Fischer, Charles Spencer und Eberhard Feltz ergänzten die Ausbildung.
Matthias Alteheld ist Preisträger mehrerer nationaler und internationaler Wettbewerbe. So konnte er unter anderem beim „Paula Salomon-Lindberg Wettbewerb“, beim Deutschen Musikwettbewerb in Berlin, beim 4. Internationalen Wettbewerb „Franz Schubert und die Musik der Moderne“ in Graz und beim „Internationalen Wettbewerb für Liedkunst“ in Stuttgart Preise erringen und auf sich aufmerksam machen.
Der vielseitige Pianist, der sich durch Klangreichtum, Freiheit im Spiel und die Fähigkeit, auf besondere Art und Weise mit dem Instrument zu verschmelzen, auszeichnet, spielt regelmäßig Konzerte und Liederabende mit breitem Repertoire sämtlicher Epochen und Themenbereiche.
Zu seinen regelmäßigen Gesangspartnern gehören u.a. Markus Eiche, Christian Elsner, Nina Maria Fischer, Evgenia Grekova, Torsten Meyer, Hanno Müller-Brachmann, Wolfgang Newerla und Andreas Wolf.
Des Weiteren konzertiert er ebenso mit Partnern der aufstrebenden jüngeren Generation, so in der vergangenen Konzertsaison 2022/2023 mit der Sopranistin Theresa Immerz (Soloensemble Theater Heidelberg) und dem Bariton Konstantin Ingenpass im Rahmen der Gustav-Mahler-Musikwochen in Toblach.
Zusammen mit dem Karlsruher Tenor Holger Schumacher gründete er im Jahr 2015 die Liederabendreihe „Klangspuren“ in seinem Wohnort Bretten, um dem Kunstlied in der Region Karlsruhe-Pforzheim-Kraichgau in Form moderierter Themenprogramme eine Bühne zu bieten.
Darüber hinaus pflegt er Kontakte zu Künstlern aus anderen Ländern und Kulturen, um deren länderspezifische Liedkunst auch in Europa zu verbreiten und den kulturellen Austausch zu pflegen. So verbindet ihn eine langjährige künstlerische Partnerschaft mit der armenischen Altistin Seda Amir-Karayan, mit der zusammen er Lieder des armenischen Komponisten Komitas Vardapet aufführte sowie zur philippinischen Sopranistin Ena Maria Aldecoa, die regelmäßig für Konzerte in Europa zu Gast ist.
Mit großem Interesse widmet sich Matthias Alteheld regelmäßig dem Spiel auf dem Hammerflügel. So führte er mittlerweile Franz Schuberts „Winterreise“, „Die schöne Müllerin“ und „Schwanengesang“ auf einem Hammerflügel von Conrad Graf aus dem Jahr 1826/27 im Schloss Bad Krozingen auf.
Matthias Alteheld konzertierte in vielen Musikzentren Europas und war Gast beim Rheingau Musikfestival und bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern. Aufnahmen machte er für den SWR, NDR und BR.
Über seine künstlerische Tätigkeit hinaus gibt der Pianist regelmäßig Meisterkurse und hält Vorträge und Seminare mit dem Themenschwerpunkt Liedgestaltung. So initiierte er von 2010 bis 2020 zweimal jährlich ein „Musikalisches Werkstattgespräch“ im Rahmen der Baden-Badener-Unternehmergespräche, einem Format zur Aus-und Weiterbildung des deutschen Unternehmernachwuchses.
Nach einem Lehrauftrag für Liedgestaltung an der Hochschule für Musik Karlsruhe in den Jahren 2007 bis 2013 bekleidet Matthias Alteheld seit Oktober 2013 eine Professur für Liedgestaltung an der Hochschule für Musik in Freiburg im Breisgau. In seiner Arbeit geht es ihm darum, das Lied in gemeinsamer künstlerischer Duopartnerschaft erlebbar zu machen und darüber hinaus in lebendiger, menschlicher, vom humanistischen Gedanken geprägter Art die Faszination des Liedes als (Herzens)Bildung weiterzugeben.
Regelmäßige Vortragsabende und Studierenden-Konzerte sowie das mehrtägige Lied-Symposium „Lied-Campus“ sind Zeichen seiner engagierten pädagogischen Tätigkeit.
In der aktuellen Konzertsaison wird Matthias Alteheld unter anderem beim Festival „Heidelberger Frühling“ zusammen mit dem Tenor Tae Hwan Yun (1. Preisträger beim Wettbewerb „Heidelberger Frühling – DAS LIED“ 2023) zu hören sein. Im Herbst 2024 wird die zusammen mit der Sopranistin Nina Maria Fischer aufgenommene aktuelle CD „ÜBERWELTLICH“ erscheinen.
Weitere Infos unter www.matthias-alteheld.de

Eduard Wagner – Gesang und Leitung

Der Sänger und Chorleiter Eduard Wagner

Der Tenor Eduard Wagner studierte an der Musikhochschule Freiburg parallel zu seinem Kirchenmusikstudium bei Prof. Martin Schmeding (Masterabschluss 2014), Konzert- und Operngesang bei Prof. Torsten Meyer sowie Liedgestaltung bei Prof. Matthias Alteheld. Meisterkurse bei Margreet Honig, Brigitte Fassbaender, Kai Wessel und René Jacobs runden sein Gesangsstudium ab. Er ist ein gern gefragter Interpret für die klassischen und romantischen Oratorien und konzertierte als Tenorsolist im Freiburger Raum sowie in vielen weiteren Städten Deutschlands. Am Theater Freiburg war er in Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“ als „Knusperhexe“ zu hören. Weitere Opernproduktionen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Musiktheater der Musikhochschule Freiburg waren Mozarts „La finta giardiniera“ sowie Poulencs surreale Oper „Les mamelles de Tirésias“, in der er die Hauptrolle des „Le Mari“ sang. Als Chorsänger sammelte er sehr wertvolle Erfahrungen im WDR-Rundfunkchor bei der Produktion von Ravels „Daphnis et Chloe“ in der Philharmonie Luxemburg.
Er ist seit 2017 Dirigent des Universitätschores der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, welcher besonders mit Orffs „Carmina Burana“, den „Chichester Psalms“ von Bernstein, der „Tango-Messe“ von Martín Palmeri und Mozarts „Requiem“ große Erfolge feierte. Seit April 2016 ist Eduard Wagner als Kirchenmusikdozent am Erzbischöflichen Priesterseminar Collegium Borromaeum sowie den weiteren pastoralen Ausbildungsstätten der Erzdiözese Freiburg für die kirchenmusikalische Ausbildung der Studierenden zuständig. Im Kollegium der Bezirkskantoren ist er für die vokalpädagogische Arbeit in der C-Ausbildung verantwortlich.

Der Unichor Freiburg

Anlässlich des 550. Universitätsjubiläums 2007 entstand der Unichor Freiburg als Chor der Beschäftigten der Universität Freiburg. Er ist, auch wenn man das vermuten könnte, keine Institution der Uni, sondern wird nur von ihr gefördert. Der Chor wird durch die Universität finanziell und mit der Bereitstellung von Räumen für Proben und Konzerte unterstützt. Der Großteil der etwa 120 Chormitglieder sind Studierende und Angehörige Freiburger Hochschulen. Seit 2020 ist der Unichor Freiburg als Verein organisiert.

Im Semesterturnus wird abwechselnd ein weltliches oder geistliches Programm eingeübt, das in der Regel am Ende des Semesters aufgeführt wird. Darüber hinaus hat der Unichor schon bei offiziellen Veranstaltungen der Universität gesungen oder an der Freiburger Chornacht mitgewirkt.

Wir sind für die Finanzierung unsere Konzerte auf Spenden angewiesen.



Quellen
Die bereitgestellten Liedtexte wurden (ggf. verändert) übernommen von ChoralWiki. Informationen zu Komponisten und Werksgeschichte finden Sie auf den Seiten von SWR Kultur, WDR, BR Klassik, der Rheinlandpfälzischen Landesstiftung „Villa Musica“, des Carus Verlag sowie auf Wikipedia. Lebensläufe der Musiker:innen wurden von den betreffenden Personen zur Verfügung gestellt.